Vorführzangen


Vorführ- oder auch Abführzangen sind streng genommen keine Fesseln, da man sie in der Regel (es gibt Ausnahmen, die ich jedoch nicht besitze) nicht absperren kann. Sie dienen Polizisten und Justizbeamten als Hilfe beim Abführen von Straftätern. Dabei hält der Beamte den Griff der Abführzange in der Hand, während der Greifer um das Handgelenk des Abzuführenden gelegt wird. Sollte sich der Abzuführende wehren, kann der Beamte den Griff dieser Abführhilfen ein wenig drehen, was starke Schmerzen im Handgelenk des Delinquenten hervorruft.
Wenn sich beim kleinen Bild ein "+" in der rechten oberen Ecke befindet, bedeutet dies, dass das große Bild (Klick auf das kleine) nicht lediglich eine Vergrößerung darstellt, sondern zusätzliche Informationen enthält. Beispielsweise können dies dann ein oder mehr ähnliche Modelle sein – hier gelten dann Klammerangaben bei "Wert" und/oder "Gewicht" für diese (von oben nach unten und links nach rechts).

 

Großes Bild + weiteres Exemplar
Marke / Modell: Clejuso No. 6
Hersteller: Clemen & Jung
Land: Deutschland
Gewicht 200 g
Wert: EUR 20,- bis 35,-
Clejuso Abführzangen sind das mit Abstand am häufigsten anzutreffende Modell. Wie viele dieser Zangen funktionieren sie nach einem simplen Prinzip: wenn die Zange um das Handgelenk des Abzuführenden geschlossen wird, rasten die Griffenden ein und können sich nicht mehr so einfach von selbst lösen. Dazu muss man dann erst den Sicherungshebel am Griff ein wenig wegdrücken. In das auf dem kleinen Bild (und auf dem großen Bild oben) gezeigte Exemplare wurde "ByP" für "Bayrische Polizei" eingestanzt. Auf dem großen Bild sieht man unten noch ein weiteres etwas schwereres Exemplar. Ich bin mir nicht sicher, ob es sich hierbei ebenfalls um ein (älteres?) Clejuso-Modell handelt. Es sieht der Clejuso-Fesselzange auf alle Fälle recht ähnlich, jedoch sind die beiden S-förmigen Zangenteile hier nicht mit einer Bolzen, sondern mit einer (vernieteten) Schraube zusammenmontiert, ähnlich wie bei der "Heid & Roth" Zange (siehe weiter unten). Ich habe aber auch schon Versionen dieser etwas massiveren Zange mit einem normalen Bolzen statt der Schraube gesehen.

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Marke / Modell: ?
Hersteller: Heinkel
Land: Deutschland
Gewicht 420 g
Wert: EUR 35,- bis 50,-
Diese ungewöhnliche Abführzange öffnet sich, indem man den kleinen Hebel in der Nähe der Greifer nach oben drückt. Man schließt sie durch
Betätigen des großen Hebels am Griff. Das kleine graue Kunststoffstück dient der Arretierung. Wenn es nach unten geschoben wird, kann man die Zange nicht öffnen. Darum sollte man beim Erwerb dieser Zange darauf achten, dass dieses Kunststoffteil noch vorhanden ist. Mein Exemplar ist übrigens mit "Landespolizei" beschriftet, was bedeutet, dass es im offiziellen Polizeieinsatz war. Ich bin mir nicht sicher, ob der
Hersteller wirklich Heinkel (vielleicht sogar der Flugzeugbauer) ist, aber die Zange wird in Baden-Württemberg als "Heinkel" bezeichnete. Sie
wurde hier hauptsächlich beim freiwilligen Polizeidienst verwendet.

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Marke / Modell: ?
Hersteller: Stotz
Land: Deutschland
Gewicht 240 g
Wert: EUR 80,- bis 120,-
Stotz Abführzangen sind sehr selten und - wie auch die Stotz Handschellen (siehe "Deutschland vor 1970") und Fußeisen (siehe "Fußeisen") - ein begehrtes Sammlerstück. Sie funktionieren nach dem gleichen simplen Prinzip, wie die am Anfang gezeigten Clejuso-Zangen: einrastende griffenden, die man nur wieder lösen kann, wenn zuvor der Sicherungshebel am Griff ein wenig weggedrückt wird. Mein Exemplar ist mit "A.Stotz" und "Stuttgart" beschriftet, was ungewöhnlich ist, da Stotz-Produkte häufig keine Beschriftungen tragen oder maximal mit "A.Stotz" versehen sind.

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Marke / Modell: Heid & Roth
Hersteller: ?
Land: Deutschland
Gewicht 310 g (350 g)
Wert: EUR 60,- bis 100,- (30,- bis 50,-)
Hier haben wir nun eine bei Beamten beliebte deutsche Abführzange, bei der das Prinzip der Arretierung (Sicherung) anders gelöst wurde, als bei den meisten anderen Modellen. Man muss den Arretierunghebel an der kleinen Feder runter- und gleichzeitig den Griff zusammendrücken, um die Zange zu öffnen. Durch die große Feder in der Mitte möchte sie dann immer in den geschlossenen Zustand zurückkehren - d.h. wenn man den Griff nicht mehr zusammendrückt, schließt sich die Zange automatisch und die Arretierung rastet ein. So kann man sie gut mit lediglich einer Hand betätigen. Diese Funktionalität ließen sich Polizeihauptmann Reinhold Heid und Carl Roth in Stuttgart am 24.09.1910 patentieren. Mein auf dem kleinen Bild und auf dem großen (Klick auf das kleine) unten gezeigtes Exemplar ist mit "D.R.P." beschriftet, was für "Deutsches Reichs Patent" steht und belegt, dass es ein recht altes Stück ist. Auf dem großen Bild unten sieht man noch eine neuere Version, die mit "Landespolizei" markiert ist und höchstwahrscheinlich aus Baden-Württemberg stammt.

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Marke / Modell: Heid & Roth
Hersteller: ?
Land: Deutschland
Gewicht 330 g
Wert: EUR 60,- bis 80,-
Dies ist eine weitere Version einer Heid & Roth Abführzange. Sie hat leicht andere Formen und wesentlich besser abgerundete Kanten. Ich bin mir nicht sicher, ob es sich hierbei um eine dreiste Kopie oder vielleicht um ein sehr frühes Original handelt, glaube aber - aufgrund der hervorragenden Verarbeitung - das Letzteres zutrifft. Möglich ist auch, das unterschiedliche Hersteller die patentierte Heid&Roth Schließzange unter Lizenz herstellten. Bisher habe ich jedoch noch kein zweites Exemplar dieser Form gesehen, wohingegen mir die "normale" Variante schon in etlichen Dutzend begegnet ist.

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Marke / Modell: ?
Hersteller: ?
Land: Deutschland ?
Gewicht 240 g
Wert: EUR 25,- bis 40,-
Diese Abführzange ist der von Clemen & Jung (siehe ganz oben) sehr ähnlich. Allerdings ist der Sicherungshebel (für das Einrasten) länger und obendrein ist die Verarbeitung noch ein bisschen besser als beim Clejuso-Modell.

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Marke / Modell: ?
Hersteller: ?
Land: Deutschland
Gewicht 160 g
Wert: EUR 25,- bis 40,-
Dies ist eine weitere sogenannte Achter-Zange. Sie unterscheidet sich vom zuvor gezeigter Zange sowie dem Clejuso-Modell ganz oben hauptsächlich durch die "dreieckige" Form des Griffstücks. Die wohl verzinkte Zange ist mit "IPR.PBy" (oder so ähnlich, leider ist das nicht deutlich lesbar) beschriftet. Auf dem großen Bild sieht man noch ein sehr ähnliches Modell ohne Beschriftung, das sich jedoch in Form und Oberfläche unterscheidet.

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Marke / Modell: La Massenotte
Hersteller: Metal Chainex 
Land: Frankreich
Gewicht 160 g
Wert: EUR 60,- bis 70,-
Streng genommen ist das hier keine Vorführzange, sondern eher eine Art Abführschelle - der französische Ausdruck für so eine Fessel lautet "Cabriolet". Vereinfacht ausgedrückt hat man eine einzelne "La Massenotte" Schelle (siehe auch "Frankreich") über eine Doppelverbindung mit einem Führungsgriff kombiniert. Und so benötigt man auch einen Schlüssel, um die Fessel wieder vom Handgelenk des Abzuführenden zu entfernen. Bügel, Griff und Verbindungen sind aus Stahl, der Rest ist aus Aluminium. Die Schelle ist mit "La Massenotte" sowie "L. Arraou Paris" auf der einen und "FABon FRANse Bte S.G.D.G." auf der anderen Seite beschriftet. "Bte" steht für "breveté" ("patentiert"), "S.G.D.G." für "Sans Garantie Du Gouvernement" ("ohne Garantie der Regierung"). beschriftet. Ähnliche Abführschellen gibt es z.B. auch von Clemen & Jung (Deutschland) aus den 1940er Jahren.

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Marke / Modell: Steel Grip
Hersteller: Hiatt
Land: Großbritannien
Gewicht 340 g (240 g / 260 g)
Wert: EUR 60,- bis 75,-
Diese mit "Hiatt Steel" beschriftete Abführzange ähnelt vielen zuvor gezeigten deutschen Modellen auf dieser Seite (z.B. Clejuso No. 6 ganz oben). Allerdings ist noch  formvollendeter, zumindest was meinen Geschmack angeht. Übrigens sind hier, im Gegensatz zu sämtlichen deutschen Modellen auf dieser Seite, auch die Innenkanten der Zangen perfekt abgerundet - in GB ist bzw. war man wohl etwas zuvorkommender zu seinen Gefangenen ;-). Auf dem großen Bild sieht man unten noch ein älteres Exemplar. Dieses ist etwas leichter und sogar noch abgerundeter. Auch wurde es vernickelt bzw. verchromt. Es ist zusätzlich noch mit "British made" beschriftet. In der Mitte sieht man auf dem großen Bild noch eine recht außergewöhnliche Hiatt-Zange. Sie ist zeitlich zwischen den beiden zuvor genannten Exemplaren anzusiedeln stellt ein kleines Kuriosum dar. Und zwar nicht wegen dem auffälligen Blumenornament in der Mitte - derlei Zier findet man auf Hiatt Vorführzangen häufiger. Vielmehr ist die Beschriftung ungewöhnlich, denn die Zange wurde nicht wie üblich mit "Hiatt Steel" markiert, sondern trägt lediglich das Wort "STLEL". Es scheint auch kein schlecht gestanztes "STEEL" zu sein, da die Buchstaben tadellos und klar zu lesen sind. Es sieht alles danach aus, dass hier ein Hiatt-Mitarbeiter den "STEEL" Stempel falsch zusammen gesetzt hat und somit fehlerhaft beschriftete Vorführzangen produziert wurden. Eine typische "Montag Morgen Arbeit", wie ein anderer Sammler meinte. Aus diesem Grund verzichtete Hiatt wohl auch darauf, den Firmennamen mit hinzuzustempeln und verkaufte entsprechende Produkte wahrscheinlich als "2. Wahl".

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Marke / Modell: ?
Hersteller: Dowler
Land: Großbritannien
Gewicht 270 g
Wert: EUR 60,- bis 80,-
Dowler Abführzangen sehen denen von Hiatt zum Verwechseln ähnlich, sind allerdings seltener als diese. Mein Exemplar, das noch die Reste einer Nickel- bzw. Chrombeschichtung trägt ist mit "W. Dowler" beschriftet.

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Marke / Modell: ?
Hersteller: Ferdinand Hauser
Land: Schweiz
Gewicht 280 g
Wert: EUR 80,- bis 100,-
Die Eidgenossen haben auch Abführhilfen entwickelt - zwar nicht viele, dafür aber raffinierte, wie diese von Ferdinand Hauser aus dem frühen 20. Jahrhundert. Der Clou an dieser weitgehend aus Aluminium gebauten Vorführzange sind ihre federnd gelagerten Greifer, die automatisch zuschnappen sobald man die Platte in der Mitte gegen das Handgelenk des Abzuführenden presst. Um die Zange wieder zu Öffnen, muss diese Platte erneut gedrückt und die beiden Knöpfe an den Seiten müssen gleichzeitig zurückgeschoben werden, bis die Greifer einrasten und das Gerät somit wieder "scharf" ist. Übrigens ist der zylinderförmige Knopf (unten im Bild) im Gegensatz zum Runden nicht original sondern wurde irgendwann einmal ersetzt. Die Zange ist mit "Pat. 38181" sowie dem schweizerischen Kreuz beschriftet. Auf dem großen Bild sieht man sie in geöffnetem Zustand.

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Marke / Modell: ?
Hersteller: Phillips
Land: USA
Gewicht 170 g (120 g)
Wert: EUR 70,- bis 90,-
Vom Aussehen ähnelt diese einst vernickelte oder verchromte Fesselzange sehr dem patentierten Modell der US-Firma "Phillips". Allerdings trägt sie im Gegensatz zu dieser keine Beschriftungen bzw. Patentdaten. Dies könnte bedeuten, dass sie anch Ablauf des Patents hergestellt wurde, oder evtl. auch, dass es sich um ein Imitat handelt, welches ungefähr aus der Zeit des Originales stammt, also Ende 19. / Anfang 20. Jahrhunderts. Die Funktionalität entspricht in etwa einer Schere (siehe auch großes Bild - Klick auf das Kleine), wobei die Zange durch die Sperre am Griff in drei Stufen geschlossen gehalten werden kann.

Großes Bild (geöffneter Zustand)
Marke / Modell: ?
Hersteller: Thomas & Smith
Land: USA
Gewicht 180 g
Wert: EUR 100,- bis 130,-
Das Patent für diese US Vorführzange stammt aus dem Jahr 1882. Ihre Technik ist so konzipiert, dass man sie leicht mit einer Hand bedienen
kann. Am Griff befindet sich ein kleiner Sperrhebel, mit dem man die Zange entarretieren und anschließen öffnen kann. Im geöffneten Zustand
fährt gleichzeitig ein größerer T-förmiger Druckknopf innerhalb des Greifers aus. Wenn man nun die Zange um das Handgelenk des Abzuführenden legt und dabei Druck auf diesen Knopf ausübt, schließen sich die Greifer automatisch und die Zange arretiert sofort, so dass man sie erst wieder öffnen kann, wenn man zuvor erwähnten Hebel am Griff zur Seite schiebt. Auf dem großen Bild (Klick auf das Kleine), sieht man die Zange im geöffneten Zustand.

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Marke / Modell: The Iron Claw
Hersteller: Argus
Land: USA
Gewicht 280 g
Wert: EUR 60,- bis 80,-
Dieses interessantes Modell einer Abführzange wurde vom der "Argus MFG Co." aus "Chicago, Illinois, U.S.A." hergestellt und trägt neben diesen Daten noch die Patentnummern 1950757 sowie 2066654. Erfunden hat sie Anfang der 1930er Jahre ein gewisser Yngve Smith-Stange. Auf der anderen Seite ist sie mit "The Iron Claw" ("Die Eisenklaue") und der Seriennummer beschriftet. Es gibt eine neuere Variante mit gleichem Namen, die von der Firma Jay Pee hergestellt wurde und etwas weniger wert ist (siehe unten). Wenn man den Ring um den Schaft nach oben schiebt, kann man die Zange durch eine Drehung des Griffs um 180 Grad vollständig öffnen (siehe auch großes Bild). Zum Schließen dreht man den Griff einfach wieder entgegengesetzt, wobei verschiedene Einstellungen des Zangendurchmessers möglich sind. Bei der ersten Version dieser Zange gab es noch keinen Ring um den Schaft.

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Marke / Modell: The Iron Claw
Hersteller: Jay Pee
Land: Taiwan
Gewicht 340 g
Wert: EUR 50,- bis 70,-
Wahrscheinlich in den 1960er Jahren erlebte die Iron Claw ein Revival. Sie wurde von der Firma "Jay Pee" erneut auf den Markt gebracht, welche sie in Taiwan herstellen ließ. Diese Iron Claws sind etwas kantiger als die Originale und natürlich auch anders beschriftet und zwar mit "Argus - Jay Pee", "New York, N.Y., USA", "Pat. 1950757", "Pat 2066654" auf der einen und "The Iron Claw", "Made in Taiwan" sowie der Seriennummer auf der anderen Seite.


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